Die EU-Kommission hatte im November 2014 die Vergabe der flächenbezogenen Beihilfen der ersten Säule der GAP in Frankreich untersucht, was zu Beanstandungen geführt hatte. Die Kommission hatte insbesondere festgestellt, dass das „Geografische Parzellenregister“ unzulänglich sei, nicht beihilfefähige Flächen nicht immer ausgeschlossen worden und Waldflächen mit nur geringen Weidemöglichkeiten häufiger als beweidbares Heideland deklariert worden seien. Diese Mängel betrafen vor allem zwei Departements, die die Insel Korsika umfassen. Das führte dann auch vor dem Hintergrund, dass die Mängel nicht zum ersten Mal festgestellt worden waren, dazu, dass die Beihilfen für diese beiden Departements pauschal um 100 % korrigiert/herabgesetzt wurden, was einem Betrag von knapp 29 Mio. € entspricht. Nach einem erfolglosen Schlichtungsverfahren hat die Kommission einen dementsprechenden Bescheid erlassen, der nicht nur die Korsika, sondern alle festgestellten Beanstandungen umsetzte. Nach erfolglosem Schlichtungsverfahren hat Frankreich Klage erhoben und ist vor dem EuG (Urteil vom 12.03.2019, T-26/18, nicht veröffentlicht) unterlegen. Mit der nur teilweise eingelegten Berufung, die die beiden Departements auf Korsika betrifft, setzt sich Frankreich nun vor dem EuGH durch. Dieser erklärt den EU-Beschluss, soweit er „erhebliche Mängel im Kontrollsystem-Korsika“ betrifft, für nichtig (Urteil vom 17.12.2020, C-404/19P). Die tragende Erwägung dieses Urteils ist: Eine pauschale Berichtigung mit einem Satz von 100 % kommt nur in Betracht, wenn die Mängel des Kontrollsystems so schwerwiegend sind, dass sie zu einer vollständigen Nichteinhaltung der Unionsvorschriften führen und somit alle Zahlungen vorschriftswidrig geleistet wurden. Das Kontrollsystem müsse dem einschlägigen Unionsrecht völlig fremd sein, die materiellen Aspekte und Ziele der unionsrechtlichen Beihilferegelung außer Acht lassen und im Übrigen von seiner Natur her nicht geeignet sein, die Praktiken der betreffenden Wirtschaftstreibenden, die die materiellen Aspekte umgehen oder manipulieren, aufzudecken. Dass diese drei Voraussetzungen kumulativ erfüllt seien, habe die Kommission – so der EuGH – nicht darlegen können.