Der EuGH (Urteil vom 23.04.2020, C-217/19) hat auf eine Vertragsverletzungsklage der EU-Kommission entschieden: Die Republik Finnland hat gegen ihre Verpflichtungen aus Art. 7 Abs. 4 und Art. 9 Abs. 1 Buchstabe c) der Richtlinie 2009/147/EG des EU-Parlaments und des Rates vom 30.11.2009 verstoßen. Mit der Vogelschutzrichtlinie unvereinbar sei die Erteilung von Jagderlaubnissen für die Frühjahrsjagd auf die männliche Eiderente (Somateria mollissima) in der Provinz Åland. In dem Urteil des EuGH heißt es, dass Abweichungen gem. Art. 9 der Vogelschutzrichtlinie nur in Betracht kämen, wenn gewährleistet sei, dass die Bestände der betroffenen Arten auf „ausreichendem Niveau“ gehalten werden. Sei das nicht der Fall, stelle sich die Entnahme von Vögeln als eine nicht vernünftige und damit unzulässige Nutzung dar. Die Republik Finnland habe sich schon nicht auf hinreichend aktuelle und genaue Tatsachenfeststellungen stützen können. Sie habe nicht die besten wissenschaftlichen und vor allem aktuellen Erkenntnisse verwandt, die indessen eine Ausnahme allein rechtfertigen könnten. Die Republik Finnland habe auch zu Unrecht auf den gesamten Zugvogelbestand auf der Flugroute Ostsee-Wattenmeer abgestellt; für ihre Entscheidung hätte es hingegen belastbarer Erkenntnisse spezifisch für die betroffene Region (hier: die Provinz Åland) bedurft. Solche Daten hätten den Behörden der Provinz Åland zum jeweiligen Entscheidungszeitpunkt aber nicht zur Verfügung gestanden.

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