Das LG München I hat eine Klage abgewiesen, mit der eine Fahrradfahrerin Ansprüche aus einem Verkehrsunfall gegen einen Reiter geltend macht (Urteil vom 19.10.2020, 19 O 6004/20).
Die Klägerin fuhr mit dem Fahrrad auf dem Gehweg einer Straße. Vor ihr ritt der Beklagte auf seinem Achal-Tekkiner, ebenfalls auf dem Gehweg. Der Gehweg war weder für Fahrräder noch für Reitpferde freigegeben. Die Klägerin näherte sich dem Pferd und klingelte dabei. Sie setzte nach eigener Darstellung zum Überholen an. Infolge einer Berührung des Vorderreifens des Fahrrads mit dem leicht erhöhten Randstein links neben dem Gehweg stürzte die Klägerin und brach sich dabei den linken Oberschenkelhals.
Die Klägerin machte gegen den Beklagten Ansprüche aus Tierhalter- und Tieraufseherhaftung sowie allgemeine deliktische Ansprüche geltend. Sie forderte unter anderem Schmerzensgeld nicht unter 25.000 €. Zwischen den Parteien war dabei insbesondere streitig, ob das Pferd während eines Überholvorgangs nach links – in Richtung der Klägerin – gezogen war und sie deswegen in Richtung des Randsteins ausweichen musste.
Das Gericht hörte beide Beteiligten zum Unfallhergang an. Es ist danach nicht überzeugt, dass der Vortrag einer Seite plausibler war als der andere, oder dass eine Partei glaubwürdiger war. Deshalb entscheidet das Gericht gegen die beweisbelastete Klägerin.
Einen Anspruch kann die Klägerin nach Auffassung des Gerichts auch nicht darauf stützen, dass der Beklagte trotz des Klingelns nicht nach rechts auswich, weil hierzu im konkreten Fall keine Verpflichtung bestand. Ebenso wenig ist entscheidend, dass der Beklagte verbotswidrig auf dem Gehweg ritt, da sich das bloße Reiten auf dem Gehweg letztlich nicht bei der Unfallverursachung auswirkte. Da die Klägerin zudem selbst verbotswidrig auf dem Gehweg fuhr, kann sie sich auf einen solchen Verkehrsverstoß des Beklagten nicht berufen.
Das Gericht merkt schließlich an, dass etwaige Ansprüche der Klägerin im Übrigen wegen der Schwere ihres Mitverschuldens ausgeschlossen wären, weil sie unter Zugrundelegung ihrer Darstellung jedenfalls den Mindestabstand beim Überholen eklatant unterschritten hätte. Zu Pferden ebenso wie zu Radfahrern ist nach Auffassung des Gerichts bei einem Überholvorgang regelmäßig ein Mindestabstand von 1,5 bis 2 m einzuhalten, um auf plötzliche Reaktionen des Tieres oder Schlenker des Fahrradfahrers reagieren zu können. Ein Abstand von 30 – 40 cm genügt jedenfalls nicht.