Ein nds. Nebenerwerbslandwirt hält Mastbullen, und zwar ab dem Alter von sechs Monaten ganzjährig in Anbindehaltung. Der Amtstierarzt fand bei einer Vor-Ort-Kontrolle im Februar 2019 34 angebundene Mastbullen vor. Daraufhin verfügte die Veterinärbehörde, dass Kälber, die älter als acht Wochen seien, ab sofort in Gruppen gehalten werden müssten, den Kälbern über zwei Wochen dauerhaft Zugang zu Wasser in ausreichender Menge und Qualität zu gewährleisten sei und innerhalb von acht Wochen der gesamte Bestand so umgestellt sein müsse, dass kein Mastbulle länger als sechs Monate seiner Lebenszeit angebunden werde. Für diese bis zu sechs Monate währende Anbindezeit müssten die Mastbullen im Kopfbereich einen ausreichenden Freiraum haben, wofür die Veterinärbehörde eine bestimmte Balkenhöhe vorgab. Weil die Behörde diese Anordnungen für sofort vollziehbar erklärte, hat der Landwirt nicht nur Klage erhoben, sondern auch einen gerichtlichen Aussetzungsantrag gestellt. Damit hat er nur teilweise Erfolg, und zwar allein wegen der Verfügung der Veterinärbehörde, auch den bereits seit mehr als sechs Monaten dauerhaft angebundenen Mastbullen sofort Freiraum zu gewähren.

Das OVG stellt fest, dass die ganzjährige Anbindung von Mastbullen die tierschutzrechtlichen Anforderungen nicht entspreche. Sie sei insbesondere mit der Tierschutzlinie für die Mastrinderhaltung (Nds. Ministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz, Dezember 2018) nicht vereinbar. Die wesentlichen arteigenen Verhaltensweisen der Rinder würden erheblich eingeschränkt, weshalb die Veterinärbehörde prinzipiell zu Recht eingeschritten sei. Sie habe allerdings ermessensfehlerhaft gehandelt, was die Aufgabe auch der sofortigen Anbindung der Mastbullen betreffe, die im Zeitpunkt Vor-Ort-Kontrolle bereits angebunden gewesen sei. Insoweit habe der Landwirt nachvollziehbar dargelegt, dass die acht Wochen, die ihm allein für die Umstellung eingeräumt seien, nicht ausreichend seien, um die teilweise bereits bis zu 22 Monate alten Mastbullen frei laufen zu lassen. Das sei bei älteren Mastbullen nicht bzw. nicht mehr ohne erhebliche Risiken möglich, insbesondere bei einer Gruppenhaltung auf der Weide. Dem Landwirt sei deshalb allein die Alternative eröffnet, die älteren Mastbullen sofort zu verkaufen und schlachten zu lassen. Das hätte der Veterinär bedenken müssen. Ohne größere Gefahren für das Betreuungspersonal könnten Jungbullen nur bis zum Alter von 12 Monaten auf der Weide gehalten werden; für die Zeit danach bedürfe es in der Kürze der Zeit, die die Veterinärbehörde dem Landwirt allein zugestanden habe, nicht umzusetzender Stallumbauten (Nds. OVG, Beschluss vom 29.07.2019, 11 ME 218/19).

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