Das VG Braunschweig hat am 04.09.2019 (9 A 11/19 und 9 A 18/19) den Klagen zweier Pflanzenschutzmittelhersteller stattgegeben. Diese begehrten die Zulassung von zwei Pflanzenschutzmitteln in Deutschland mit einer längeren Geltungsdauer als vom Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (BVL) festgesetzt.
Die Hersteller hatten ihre dementsprechenden Anträge auf zonale, also auf die Bundesrepublik Deutschland beschränkte pflanzenschutzrechtliche Zulassungen bereits 2015 gestellt. Nachdem diese Anträge über lange Zeit nicht beschieden worden waren, erhob der Hersteller Untätigkeitsklage vor dem VG Braunschweig. Im Klageverfahren sprach das BVL die begehrte zonale pflanzenschutzrechtliche Zulassung aus, befristete diese aber bis zum 31.12.2019. Das Umweltbundesamt (UBA) habe, so das BVL, sein Einvernehmen für die Erteilung der nationalen Zulassungen für die Zeit danach nämlich an die Bedingung geknüpft, dass ab 01.01.2020 Biodiversitätsanwendungsbestimmungen beachtet werden müssten. Der Hersteller setzte die Klageverfahren deshalb fort mit dem Ziel, die Zulassungen zu entfristen.
Die Biodiversitätsanwendungsbestimmungen, um die es dem UBA geht (Biodiv 1, Biodiv 2 und NT(neu)), knüpfen die Verwendung des Pflanzenschutzmittels im landwirtschaftlichen Betrieb daran, dass dieser ausreichende Biodiversitätsflächen vorhalten müsse (zumindest 10 % der Gesamtackerfläche).
Das VG Braunschweig hat den Klagen stattgegeben. Wenn das Urteil rechtskräftig wird, sind die Zulassungen des BVL damit entfristet, ohne dass Biodiversitätsmaßnahmen durchgeführt sein müssen. Diese könnten, so das VG Braunschweig, nicht vorgeschrieben werden, da es insoweit an von der Europäischen Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA) anerkannten wissenschaftlichen Methoden zur Bewertung der Biodiversitätseffekte mangele. Die EU habe, wie Wortlaut und Entstehungsgeschichte der maßgeblichen Verordnung belegten (VO (EG) Nr. 1107/2009 des EU-Parlaments und des Rates vom 21.10.2009), ausdrücklich vorgegeben, dass gerade auch wegen der Biodiversitätskriterien die Festlegung von Bewertungsmethoden durch die EFSA Voraussetzung seien. Den Mitgliedstaaten sei es verwehrt, eigene Bewertungsmethoden zu entwickeln und anzuwenden. Dieser Erkenntnis, so das VG Braunschweig, stünden weder das Vorsorgeprinzip noch der Bewertungsmaßstab eines „neuesten Standes von Wissenschaft und Technik“ entgegen.