Klägerin und Beklagte nahmen an einem Reitturnier und mit ihren Pferden auch an der Siegerehrung teil. Bei der Ehrenrunde bockte das Pferd der Beklagten, warf die Beklagte ab und ging durch. Das durchgegangene Pferd verletzte die Klägerin, die sich auf dem eigenen Pferd auf dem benachbarten Abreitplatz aufhielt. Die Klägerin hat gegenüber der Beklagten ein Schmerzensgeld und Schadensersatzansprüche wegen verletzungsbedingter Aufwendungen geltend gemacht. Das LG Lüneburg hat die Klage zunächst abgewiesen; eine Haftung der Beklagten scheide bereits dem Grunde nach aus, weil die Klägerin auf eigene Gefahr gehandelt habe. Die Teilnahme an der Siegerehrung stelle ein über die normale Tiergefahr hinausgehendes besonderes Risiko (Wettkampfstimmung, Publikum, Musik, gefordertes Stillstehen) dar, das die Klägerin bewusst und freiwillig eingegangen sei. Auf die Berufung der Klägerin hebt das OLG Celle nun das Urteil des LG auf, spricht es den Klageanspruch dem Grunde nach zu und verweist es den Rechtsstreit wegen der Höhe der Klagforderung zurück an das LG (Urteil vom 04.03.2020, 20 U 38/19). Die Begleitumstände einer Siegerehrung auf einem Turnierplatz übersteigen, so das OLG Celle, die normale Tiergefahr nicht erheblich. Die Siegerehrung gehe nicht mit erhöhten Risiken, die einen Haftungsausschluss rechtfertigen könnten (wie etwa bei einer Fuchsjagd), einher. Die Gefahr, dass ein Turnierpferd während einer Siegerehrung bockt, seinen Reiter abwirft, unkontrolliert umhergaloppiert und dabei mit einem Turnierteilnehmer zusammenstößt und ihn verletzt, geht nicht über das stets einzukalkulierende Maß einer möglichen Gefährdung durch das Pferd hinaus, das ein Tierhalter noch zu verantworten hat.

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