Die griechische Agrarversicherungsanstalt (ELGA) – eine öffentliche Einrichtung mit dem Zweck, landwirtschaftliche Betriebe gegen Schäden zu versichern, die durch natürliche Risiken verursacht werden – leistete im Jahr 2009 an griechische Landwirte Ausgleichszahlungen in Höhe von insgesamt 425 Mio. Euro für Schäden, die ihnen im Jahr 2008 infolge widriger Witterungsverhältnisse entstanden waren.

Mit Beschluss vom 07.12.2011 stufte die Kommission diese Maßnahmen als rechtswidrige staatliche Beihilfen ein und erklärte sie für mit dem Binnenmarkt unvereinbar. Sie gab den griechischen Behörden daher auf, sie von den Empfängern zurückzufordern.

Griechenland beantragte beim Gericht der Europäischen Union, diesen Beschluss für nichtig zu erklären und seine Vollziehung auszusetzen, bis ein Urteil in der Sache ergangen sei. Im Jahr 2012 ordnete der Präsident des Gerichts die Aussetzung der Vollziehung des Beschlusses an, soweit er Griechenland verpflichtete, die unvereinbaren Beihilfen von den Empfängern zurückzufordern. Dennoch wies das Gericht im Jahr 2014 die Klage in der Sache ab. Griechenland legte daraufhin ein Rechtsmittel beim Gerichtshof ein und beantragte, das Urteil des Gerichts aufzuheben und die Vollziehung des Beschlusses der Kommission bis zu einer Entscheidung über das Rechtsmittel auszusetzen. Der Gerichtshof wies den Antrag auf Aussetzung sowie das Rechtsmittel zurück und bestätigte die Verpflichtung des griechischen Staates, die Beihilfen zurückzufordern.

Die Kommission ist der Auffassung, dass Griechenland nicht innerhalb der vorgeschriebenen Fristen alle zur Durchführung des Beschlusses erforderlichen Maßnahmen getroffen habe und sie nicht hinreichend über die in Anwendung des Beschlusses getroffenen Maßnahmen informiert habe: Sie hat daher beim Gerichtshof Klage wegen Vertragsverletzung erhoben. Mit seinem Urteil vom 12.05.2021 gibt der EuGH der Vertragsverletzungsklage der Kommission statt.

Er stellt zunächst fest, dass Griechenland bei Ablauf der von der Kommission gesetzten Frist (11. Juni 2012) nicht alle erforderlichen Maßnahmen erlassen hat, um die rechtswidrigen staatlichen Beihilfen von den Empfängern zurückzufordern. Mehr als acht Jahre nach Erlass des Beschlusses der Kommission haben die griechischen Behörden nämlich noch immer nicht seine Durchführung betrieben. Außerdem weist der Gerichtshof darauf hin, dass es Griechenland nicht unmöglich war, die Beihilfen zurückzufordern. Was die Anführung sozialer Unruhen angeht, zu denen die Rückforderung der Beihilfen geführt hätte, hätten die griechischen Behörden nicht dargetan, dass eine reale Gefahr einer Reaktion seitens der Landwirte bestanden habe, die Folgen für die öffentliche Ordnung gehabt hätte, denen sie mit den ihnen zur Verfügung stehenden Mitteln nicht hätten begegnen können.

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