Das Bundesverwaltungsgericht hat am 07.07.2022 auf die Klage eines Umweltverbandes den Planfeststellungsbeschluss für den Neubau des 1. Abschnitts der Bundesautobahn A 20 von der A 28 bei Westerstede bis zur A 29 bei Jaderberg für rechtswidrig und nicht vollziehbar erklärt (9 A 1.21). Derzeit könne nicht mit der erforderlichen Sicherheit festgestellt werden, dass das Vorhaben zu keiner Beeinträchtigung eines nahegelegenen FFH-Gebiets führt. Darüber hinausgehende Einwände des Klägers hat das Gericht zurückgewiesen. Die weitere Klage eines Landwirts hatte keinen Erfolg.
Der planfestgestellte Abschnitt ist Teil der in insgesamt sieben Abschnitte unterteilten sog. „Küstenautobahn“ zwischen Westerstede und Hamburg. Die A 20, die bisher von der deutsch-polnischen Grenze bis östlich von Bad Segeberg verläuft, soll nach ihrer Gesamtfertigstellung zusammen mit der A 28 eine Ost-West-Achse von der deutsch-niederländischen bis zur deutsch-polnischen Grenze bilden. Sie ist Bestandteil des transeuropäischen Verkehrsnetzes und im geltenden Bundesverkehrswegeplan als Vorhaben des „Vordringlichen Bedarfs“ eingestuft. Diese gesetzliche Bedarfsfeststellung ist für das Gericht verbindlich. Fehler sind dem Vorhabenträger und der Planfeststellungsbehörde nach Auffassung des BVerwG bei der Prüfung unterlaufen, ob die Zunahme der Stickstoffbelastung, die durch den geplanten Abschnitt der A 20 im Bereich der A 28 zu erwarten ist, die Schwelle von 0,3 kg pro Hektar und Jahr überschreitet und so zu einer Beeinträchtigung eines FFH-Schutzgebiets führt.
Weitergehende Einwände des klagenden Umweltverbandes hatten keinen Erfolg. Weil der vom BVerwG festgestellte Fehler bei der Bewertung des Stickstoffaustrags der zukünftigen A 20 heilbar ist, hat das Gericht den Planfeststellungsbeschluss nicht aufgehoben, sondern nur für derzeit (und bis zu einer Fehlerbehebung) nicht vollziehbar erklärt.
Die Klage eines enteignungsbetroffenen Landwirts (9 A 5.21) hat das BVerwG abgewiesen. Der Planfeststellungsbeschluss gehe allerdings zu Unrecht davon aus, dass die Übereignung oder langfristige Verpachtung landwirtschaftlicher Flächen, die vom Kläger bereits auf der Grundlage kurzfristiger Pachtverträge bewirtschaftet werden, als Ausgleich von Flächenverlusten angerechnet werden könne. Jedoch habe die Straßenbauverwaltung dem Kläger während des gerichtlichen Verfahrens weitere Flächen verbindlich zugesagt. Eine Existenzgefährdung werde hierdurch ausgeschlossen. Die schriftliche Begründung dieses Urteils, die erfahrungsgemäß erst in einigen Wochen vorliegen wird, dürfte auf allgemeines Interesse der Agrarrechtler stoßen, sind doch grundsätzliche Ausführungen zur Abwägungserheblichkeit von Flächenverlusten (Stichwort: Existenzgefährdung) zu erwarten.